„Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen. […] Wer diese unsere Anordnung wissentlich übertritt und nicht einhält, dem soll von seiner Gerichtsobrigkeit zur Strafe dieses Fass Bier, so oft es vorkommt, unnachsichtig weggenommen werden.“
Am 23. April 1516 verkündeten die beiden regierenden Herzöge in Bayern, Wilhelm IV. und Ludwig X., diesen Erlass, der ab diesem Tag für das Herzogtum Bayern galt – dies war die Geburtsstunde des Bayerischen Reinheitsgebotes.
Schutz von Bürgern und Rohstoffen
Der Anlass zur Durchsetzung für dieses Gesetzes war durchaus berechtigt. Als Hauptgrund ist sicherlich die Qualität des Bieres zu nennen. Man wollte den Bürgern in Bayern ein bekömmliches und qualitativ hochwertiges Bier bieten. Die sogenannten „Bierpanscher“ gaben dem Bier damals nämlich allerlei Kräuter bei, die den Geschmack beeinflussen oder die berauschende Wirkung und damit das Verlangen nach noch mehr Bier verstärken sollten. Für uns heute unvorstellbar, wurden damals gesundheitliche Risiken mitunter durch Zutaten wie das Bilsenkraut oder die Tollkirsche in Kauf genommen.
Weitere Motive waren der Schutz der Bürger vor überzogenen Bierpreisen und die Verwendung von bestimmten Rohstoffen ausschließlich für andere Zwecke. Weizen beispielsweise sollte nur für die Herstellung von Brot verwendet werden, um die Versorgung der Bürger sicherzustellen.
Eine kleine Besonderheit
Das Gesetz wurde nach der Verkündung von immer mehr Landesteilen im Deutschen Reich übernommen und gilt seit Juni 1906 im Zuge des Reichsgesetzes als geltendes Recht in ganz Deutschland – auch für die Herstellung von untergärigem Bier. In diesem Kontext spricht man vom „Deutschen Reinheitsgebot“ oder im alltäglichen Sprachgebrauch vom „Reinheitsgebot“. Für obergärige Biere jedoch darf auch in Bayern Malz aus anderen Getreidesorten verwendet werden. Bei Weißbieren zum Beispiel wissen wir, dass der Anteil an Weizenmalz bei mindestens 50 Prozent liegen muss. Das Reinheitsgebot ist heute übrigens in § 9 der Bekanntmachung der Neufassung des Vorläufigen Biergesetzes vom 29. Juli 1993 verankert.
Wenig Rohstoffe aber eine große Vielfalt
Auch wenn man es annehmen könnte: Das Bayerische Reinheitsgebot mit seinen besagten Rohstoffen verhindert keineswegs die Vielfalt an Biersorten. Über die letzten Jahrhunderte entstand eine beachtliche Anzahl an unterschiedlichen Biersorten mit individuellen Geschmacksaromen, was sicherlich sowohl der fortgeschrittenen Technik beim Bierbrauen, als auch dem Fingerspitzengefühl und Können der Braumeister zu verdanken ist. Ihnen stehen verschiedenste Malz- und Hopfensorten und einige hundert, teils hauseigene, Hefestämme zur Verfügung. Zudem trägt das beim Brauen eingesetzte Wasser seinen Teil dazu bei. Es gibt also eine schier endlose Zahl an Wegen, ein Bier nach dem Reinheitsgebot zu brauen.
Bis heute stellt das Bayerische Reinheitsgebot weltweit eines der ältesten lebensmittelrechtlichen Vorschriften dar und sorgt zugleich für die Bewahrung einer althergebrachten Handwerkstechnik. Auch wenn bereits im Jahr 1516 erlassen, ist das Gesetz keinesfalls überholt. Ganz im Gegenteil – heutzutage wünscht man sich als Verbraucher in der Flut an verarbeiteten Lebensmitteln, künstlichen Inhaltsstoffen und Zusätzen vor allem Transparenz, Qualität, hochwertige Zutaten und Bodenständigkeit. Und genau dafür steht das Bayerische Reinheitsgebot – seit 506 Jahren